Ist „Layla“ sexistisch? Jetzt wurde der Song verboten!
Das Lied „Layla“ von DJ Robin x Schürze wurde auf einem Volksfest in Würzburg von der Stadt Würzburg verboten und auch auf der Düsseldorfer Kirmes wird der Song in diesem Jahr nicht zu hören sein. Grund dafür sind Sexismus-Vorwürfe. Professor Fischer von der Uni Freiburg sagt hierzu: „Das ist einfach ein sexistischer Song“.
In diesem Blogartikel geht es um zwei Fragen, zu denen jeweils Pro- und Kontraargumente aufgeführt werden. Anhand dieser Argumente könnt ihr euch ein eigenes Meinungsbild machen:
1. Ist der Song „Layla“ von DJ Robin x Schürze sexistisch?
2. Sollten sexistische Lieder in ganz Deutschland verboten werden?
Hier könnt ihr euch den Song anhören:
zu 1.: Ist der Song „Layla“ von DJ Robin x Schürze sexistisch?
Layla ist nicht sexistisch, weil ...
Die Argumentation der Verteidigung des Stückes beruht nach meinen Recherchen ausschließlich darauf, dass andere Stücke ebenfalls sexistisch oder noch sexistischer sind. Wenn die Entmenschlichung – also das Betrachten einer Person als Objekt und nicht als Mensch – generell dazu führt, dass ein Stück sexistisch ist, müsste auch über Stücke wie „Call Me Maybe“ von Carly Rae Jepsen diskutiert werden. Hier wünscht sich das lyrische Ich etwas von einem Wunschbrunnen und trifft genau in diesem Moment ihren Traummann. Jetzt hat sie ein Problem und würde nun ihre Seele für einen Kuss eintauschen: „I‘d trade my soul for a wish – Pennies and dimes for a kiss”. Ihren Traummann beschreibt sie dann rein äußerlich. Sie kennt ihn nicht („Hey, I just met you“) und ihre Anziehung entsteht nur durch Äußerlichkeiten („Ripped jeans, skin was showin’“). Dass es sich bei der anderen Person um einen Mann handelt, erkennt man im Refrain des Songs: „And all the other boys try to chase me“. Würde es um eine Frau gehen, würde es nicht „other“ heißen.
Nun bringt einen die Frage, ob andere Stücke eventuell ebenfalls sexistisch sind, nicht weiter in der Frage, ob „Layla“ sexistisch ist. Dies kann zwar für die Verbotsfrage eine interessante Diskussionsgrundlage sein, weil diese anderen Songs dann auch alle verboten werden müssten, sagt jedoch an sich noch nichts darüber aus, ob der Song an sich sexistisch ist. Implizit könnte das Auflisten anderer Songs aber die Definition von Sexismus infrage stellen: Ist es sinnvoll, jegliche Beschreibungen von menschlichen Körpern, die nicht auch den Charakter des Menschen berücksichtigen automatisch als Sexismus zu bezeichnen?
Zusammenfassung der Position
Viele Lieder sind sexistisch. Hierbei schwingt die Frage mit, ob die aktuelle Definition von Sexismus sinnvoll ist, oder sie überdacht werden muss.
Layla ist sexistisch, weil ...
Die Argumentation derjenigen, die „Layla“ für sexistisch halten, basiert vor allem darauf, dass die besungene Layla von einem Mann auf ihr Äußeres reduziert wird („sie ist schöner, jünger, geiler“) und somit entmenschlicht wird. Hierbei spielt es erstmal keine Rolle, ob andere Stücke ebenfalls sexistisch sind. Neben dieser Reduzierung auf den Körper kann auch der Besitzanspruch des Mannes ein sexistischer Aspekt sein: „Das ist mein Laden, mein Revier“ Im Weiteren wird dann vom „Laden“ hauptsächlich die „Puffmama“ Layla beschrieben. Somit könnte es so gesehen werden, dass der Mann Layla als sein Eigentum ansieht.
Der zuvor genannte Song von Carly Rae Jepsen könnte jedoch gegebenenfalls trotz der Entmenschlichung des Mannes in Ordnung sein, je nachdem wie man Diskriminierung und Sexismus definiert. In der Sprach- und Kulturwissenschaft wird Diskriminierung häufig mit systematischer Unterdrückung und nicht mit einer Beleidigung gleichgesetzt. Die Sozialwissenschaftlerin Margarete Stokowski schreibt dazu in einem Spiegelkommentar: „Männer und Weiße können ungefähr alles auf der Welt haben, aber Diskriminierung können sie nicht haben. Es gibt keinen Rassismus gegen Weiße und keinen Sexismus gegen Männer.“ Grund dafür ist, dass systematisches Unterdrücken nur von Gruppen in Machtpositionen ausgeübt werden kann. Da in einer männerdominierten Welt Frauen diese Machtposition gegenüber Männern nicht haben, können sie Männer zwar beleidigen, nicht aber systematisch unterdrücken. Somit kann Carly Rae Jepsens Song zwar beleidigend und erniedrigend sein, aber nicht systematisch unterdrückend, also nach dieser Definition sexistisch. Den gesamten Artikel von Margarete Stokowski findet ihr hier.
Dieses Verständnis des Begriffs Diskriminierung deckt sich allerdings nicht mit dem Verständnis der allgemeinen Bevölkerung in Deutschland. Laut einer Pilotstudie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sehen die Teilnehmenden der Studie es so, dass es Sexismus auch von Frauen gegen Männer geben kann: In der Einleitung der Studie halten die Forschenden fest: „Gleichwohl gilt es den Blick offen zu halten, dass Männer nicht nur Täter, sondern auch Opfer sexistischer Übergriffigkeit (verbaler, habitueller, physischer Art) durch andere Männer und durch Frauen sein können.“ Ab Kapitel 2 werden dann die Ergebnisse mit den Meinungen der Teilnehmenden darüber vorgestellt, was Sexismus ist: „Tuscheln in der Männerrunde über eine vorübergehende Frau (und vice versa) unter Ausnutzung der Gruppenstärke und als Ausdruck von Überlegenheit;“ Auch an vielen weiteren Stellen wird deutlich, dass auch Männer sexualisierte Gewalt erfahren haben (vgl. Kapitel 6).
Zusammenfassung der Position
Der Song „Layla“ ist sexistisch, da Layla im Song auf ihr Äußeres reduziert wird und somit nicht als Mensch, sondern als Objekt dargestellt wird und weil der Mann im Song Layla als seinen Besitz ansieht.
zu 2.: Sollten sexistische Lieder verboten werden?
Im Falle des Volksfestes in Würzburg hat sich die Stadt als Veranstalter dazu entschieden keine sexistischen Lieder abzuspielen und aus diesem Grund das Lied Layla beim Volksfest verboten. Aus rechtlicher Sicht ist dies möglich, weil die Stadt als Veranstalter agiert und somit selbst bestimmen darf, welche Musik gespielt wird. Dies kann man vergleichen mit einer eigenen Hausparty, auf der der Veranstalter natürlich völlig willkürlich sagen darf, er möchte auf seiner eigenen Party beispielweise nur Heavy Metal hören. Der Unterschied ist hierbei jedoch, dass ein Volksfest, das von der Stadt veranstaltet wird, normalerweise das gesamte Volk berücksichtigen sollte und somit auch demokratische Kriterien erfüllen sollte. Somit kann die Diskussion auf ein deutschlandweites Verbot ausgeweitet werden. Bundesjustizminister Buschmann hat sich zwar bereits dagegen ausgesprochen, aber trotzdem darf und muss gegebenenfalls die Debatte in einer Demokratie ja geführt werden.
Argumente für ein Verbot von sexistischen Liedern
Befürworter eines Verbotes sehen das Problem von sexistischen Liedern nicht in der Wahrnehmung des Einzelnen. Es geht vielmehr um die Auswirkung von sexistischen Kulturgegenständen (also zum Beispiel Liedern) auf die Gesellschaft. Diese Auswirkung wird auch kulturelles Gedächtnis genannt. Das kulturelle Gedächtnis führt dazu, dass Sexismus auch diskriminierend sein kann, wenn man positive Intentionen hat. Die Narrative, die erzählt werden, beeinflussen uns unterbewusst, auch wenn wir Vorurteile nicht bewusst weitertragen. Wenn beispielsweise ein Bild von Männern zur Darstellung von Ingenieuren verwendet wird und ein Bild von Frauen für Erzieher, dann führt das unterbewusst dazu, dass Mädchen später möglicherweise nicht Ingenieur werden wollen, weil das ja scheinbar nur Männer machen. Da dieses Framing oft unterbewusst gesetzt wird, muss es von höherer Seite, zum Beispiel vom Staat, unterbunden werden.
Zusammenfassung der Position
Jegliche Kulturgegenstände, wie zum Beispiel Lieder, Filme, Serien, YouTube-Videos usw. sollten auf sexistische Narrative überprüft und gegebenenfalls angepasst oder verboten werden, sodass diskriminierende Vorurteile nicht mehr bewusst oder unbewusst weitergetragen werden.
Argumente gegen ein Verbot von sexistischen Liedern
Die Argumente gegen ein Verbot sind sehr umfassend und vielseitig. Im Folgenden werden zwei wichtige Argumente aufgezeigt. Um Lieder zu verbieten, müssen ganz klare und nachvollziehbare Kriterien aufgelistet werden, anhand derer man prüfen kann, ob ein Werk gesperrt werden sollte oder nicht. Jedes Werk, das dann auf einem Fest oder im Land, falls man es gleich deutschlandweit verbietet, gespielt oder veröffentlicht wird, muss dann auch anhand dieser Kriterien geprüft werden. Alles andere wirkt willkürlich und mehr wie ein Marketing-Gag als ein wirkliches Interesse an der Bekämpfung von Vorurteilen. Dies würde zu einem enormen Aufwand führen, der kaum umsetzbar ist. Darüber hinaus würde dieses Vorgehen dem Staat auch eine sehr hohe Zensurmacht geben.
Verbote von künstlerischen Gegenständen, zum Beispiel Liedern, müssen in einer Demokratie triftige Gründe haben und müssen dann auch sehr gut erklärt werden, damit es keine Verwirrung und keinen Frust in der Bevölkerung gibt. Erst recht, wenn durch eine relativ breite Definition von Sexismus sehr viele Werke gesperrt werden. Um Layla zum Beispiel zu verbieten, müsste diese Definition schon sehr weit gefasst sein und dementsprechend auch Werke wie zum Beispiel Shape of You von Ed Sheeran gesperrt werden, da auch hier eine Frau bzw. Mädchen („Girl you know…“) auf ihren Körper reduziert wird („I’m in love with your body“). Wenn nun internationale Hits nur in Deutschland gesperrt werden, wohingegen sie in allen anderen demokratischen Nationen gespielt werden dürfen, könnte das in der Bevölkerung zu großen Fragen und Protesten führen. Dies könnte zusätzlich mit plakativen Überschriften leicht ins Lächerliche gezogen werden kann, weil die Erklärung für das Verbot sehr komplex ist. Allein das unterschiedliche Verständnis darüber, was Sexismus ist (siehe oben den Unterschied zwischen dem Begriffsverständnis der allgemeinen Bevölkerung in der Pilotstudie des Familienministeriums und der Definition, die häufig in der Sprach- und Kulturwissenschaft zu finden ist), würde einen hohen Diskussionsbedarf erzeugen.
Zusammenfassung der Position
Alle Kulturgegenstände, wie zum Beispiel Serien, Filme, YouTube-Videos und so weiter müssen anhand von klaren Kriterien geprüft und dann ggf. auch verboten werden. Hierfür müssen klare Kriterien herausgearbeitet und der Bevölkerung verständlich erklärt werden. Die Umsetzbarkeit dieses Vorhabens ist mindestens fragwürdig, da es einen enormen Verwaltungsaufwand bedeuten würde und die Kunstfreiheit stark einschränken würde. Der Staat könnte so einen enormen Einfluss auf die öffentliche Meinung nehmen.