Am 15. Oktober 2021 veröffentlichte Adele ihre neue Single Easy On Me. Das Lied stellt einmal mehr Adeles unglaubliche Stimme in den Vordergrund. Das zweite wichtige Element im Song ist das Klavierintro und die Begleitung, die richtig cool klingen.
Wenn man sich die Klavierstimme genauer anschaut, stellt man fest, dass sie viel leichter zu spielen ist, als sie klingt. Warum das so ist und worauf es dabei ankommt, erfährst Du in diesem Beitrag.
Die wichtigsten Profitricks
1. Weniger ist mehr
Die gesamte Klavierbegleitung besteht im Grunde nur aus zwei verschiedenen „Bausteinen“. Diese werden jedoch durch kleine Abänderungen interessanter gestaltet, sodass es trotzdem nicht langweilig klingt. Wenn man diese beiden Grundbausteine am Klavier beherrscht, kann man schon das ganze Stück begleiten.
2. Einsatz des Pedals
Das rechte Pedal am Klavier zaubert wahre Klangwunder, deshalb kommt es natürlich auch bei Easy on me zum Einsatz. Das Pedal, das auch Fortepedal genannt wird, bewirkt, dass die Töne ineinander „verschmelzen“. Dadurch wird ein sehr warmer und voller Klang erzeugt und es klingt nach viel mehr. Wie man das Klavierpedal richtig einsetzt, erfährst Du im 6. Teil unseres 8 Wochen Klavierkurses.
3. Alles zur richtigen Zeit – die Aufteilung in linker und rechter Hand
Ein sehr wichtiges Stilmittel beim Pop-Piano ist die Aufteilung der Stimmen in der linken und rechten Hand. Dabei werden häufig Töne mit der linken Hand gespielt, wenn in der rechten Hand Pausen sind. Das führt zu einem sehr fließenden Rhythmus. Außerdem klingt es nach sehr viel und nach höherer Schwierigkeit, weil bei einer der beiden Hände immer etwas passiert.
Dieses Stilmittel kann man beispielsweise in den ersten beiden Takten des Intros finden (s.u.), bei denen von jeweils fünf Tönen in der linken Hand drei zu Zeiten gespielt werden, an denen in der rechten Hand nichts passiert.
Für Klavieranfänger ist es anfangs vielleicht schwierig, die beiden Hände rhythmisch richtig zu koordinieren, aber der spieltechnische Schwierigkeitsgrad ist eher gering.
Das Klavier-Intro von Easy On Me (1:39 – 1:52)
Das Intro besteht aus vier Stimmen, zwei in der linken Hand und zwei in der rechten Hand. Die oberste Stimme (im Bild rot markiert) hat eine melodische Funktion und dient vor allem dazu, das Intro von anderen Klavierintros, die ähnliche Akkordfolgen nutzen, abzusetzen. Die untere Stimme der linken Hand (türkis) hat eine rhythmische und harmonische Funktion. Rhythmisch zum einen, da sie zusammen mit der Oberstimme der linken Hand rhythmische Akzente setzt und harmonisch, da Akkordtöne gespielt werden. Die Oberstimme der linken Hand hat, wie bereits erwähnt, ebenfalls eine rhythmische Funktion. Die harmonische Wirkung ist hier jedoch nicht da, weil die gleichen Töne wie in der Bassstimme gespielt werden, allerdings eine Oktave höher. Somit gibt es zwar eine klangliche Wirkung, weil ein oktavierter Basston wuchtiger klingt, allerdings keine harmonische Wirkung, weil es für den Akkord egal ist, ob ein Ton nur einmal oder zweimal gespielt wird.
Ein Zweck dieser Einleitung ist die Vorstellung der Akkordfolge. So weiß man beim Zuhören sofort, in welcher Tonart man sich befindet. Bei den Akkorden handelt es sich um die folgenden vier Akkorde: Die Tonika ohne Terzton (F-Dur ohne A), die Tonikaparallele als Septakkord (ohne Quintton) (Dm7), wieder die Tonika mit Terzton im Bass (F-Dur mit A im Bass) (durch die Melodie in der Oberstimme wechselt es hier immer zwischen Tonika mit Terzton im Bass und Tonikagegenklang, also A-Moll) und die Subdominante (B-Dur). Der zweite Zweck des Intros ist Teile der Gesangsmelodie vorzustellen. Im zweiten Bild siehst Du die Melodie in der Oberstimme (rot markiert). Sie besteht aus einem Wechsel zwischen den Tönen f und e beziehungsweise als letzten Ton dem d. Genau die gleiche Melodie kommt in den Strophen im Gesang vor (z. B. 1:59 – 2:05).
So klingt das unten notierte Klavierintro:
Adele – Easy on me – Klavierintro
1. Strophe (1:52 – 2:26)
In der Strophe wird weiterhin fast das gleiche Begleitmuster wie zuvor gespielt. Ein Unterschied besteht allerdings darin, dass rhythmisch etwas weniger passiert und so mehr Aufmerksamkeit auf dem Gesang liegt. Für die Klavierbegleitung werden hier zwei Techniken miteinander verbunden. Zum einen gibt es ein Wechselspiel zwischen dem Gesang und der Begleitung. Diese Technik kann man in den ersten beiden Takten der Akkordfolge sehen:
Immer wenn gesungen wird, ruht die Oberstimme der Klavierbegleitung. Wenn allerdings der Gesang ruht, passiert wieder mehr in der Oberstimme und man hört einen kleinen melodischen Einwurf.
Im dritten und vierten Takt der Akkordfolge wird dann eine andere Technik angewandt. Die Melodie des Gesangs wird nun auch, wie zuvor im Intro, auch in der Oberstimme des Begleitmusters gespielt:
1. Refrain (2:26 – 2:55)
Im Refrain ist ein ganz klassisches Popbegleitmuster zu hören. Die Akkordfolge ändert sich etwas. Zuerst wird weiterhin einen Takt lang F-Dur gespielt, danach einen Takt C-Dur, dann einen Takt Gm7 und danach einen Takt lang B-Dur. Diese Akkorde werden in der rechten Hand vier Mal auf jeder Viertelzählzeit angespielt. Ab und zu werden auch hier rhythmische Akzente eingestreut.
Die linke Hand spielt die Grundtöne der Akkorde und häufig auch Übergangstöne. Vor dem Wechsel vom ersten Akkord (F-Dur) zum zweiten Akkord (C-Dur) wird ein D in der Bassstimme gespielt, vor dem nächsten Wechsel zum dritten Akkord (G-Moll7) wird ein A gespielt und vor dem Wechsel vom dritten zum vierten Akkord (B-Dur) wird ebenfalls ein A gespielt.
Hier kannst Du Dir den Originalsong Easy on me von Adele anhören.
Weitere Teile
Im Weiteren kommen ein Zwischenspiel, eine weitere Strophe und zwei weitere Male der Refrain. Bei all diesen Teilen wird am Klavier überwiegend das gleiche wie zuvor gespielt. In der Bridge vor dem letzten Refrain wird eine leichte Abwandlung der Begleitung der Strophe gespielt. Die Akkordfolge ist die gleiche, allerdings werden manche Stellen etwas verziert. Als Outro wird einfach wieder das Intro gespielt, diesmal kommen allerdings kleine Variationen vor, die den Charakter des Outros nicht verändern, sondern nur noch mal ein wenig klangliche Abwechslung einbringen.
Man merkt also, es sind gar nicht so viele verschiedene melodische und harmonische Elemente, die die Klavierbegleitung ausmachen. Der Grund dafür ist, dass sich die Melodie und das Lied generell durch die Wiederholungen besser einprägt und so bereits nach dem ersten Hören im Ohr bleibt. Trotzdem klingt die Begleitung nicht eintönig und langweilig. Kleine Variationen in der Begleitung, Wechseln der Elemente in den Unterschiedlichen Liedabschnitten und Einsetzen weiterer Instrumente sorgen für Abwechslung.